Nach der großen Medienberichterstattung, die Heinz Grill in einen dunklen Schleier von dubiosen Andeutungen und widersprüchlichen Bildern hüllte, um es mit Zurückhaltung auszudrücken, wurden, da ich Heinz Grill sehr gut kenne, von vielen Seiten Fragen an mich herangetragen. Ich sehe einen breiten Bedarf an konkreten Informationen und möchte auch die Frage in den Raum stellen, weshalb das von ihm geschaffene, umfangreiche und thematisch aussagekräftige Lebenswerk vor der Öffentlichkeit mit unübersehbarer Gewalt verborgen werden muss, ja sogar gezielt in das direkte Gegenteil verkehrt wird?
Stellt Heinz Grill eine so große Gefahr dar, weil er Menschen anregt, selbst zu denken, die eigene Urteilsfähigkeit zu stärken und die Verhältnisse kritisch zu hinterfragen und zunehmend selbst verantwortlich zu bestimmen – und vor allem weil seine Person dies authentisch ausstrahlt? Was würde geschehen, wenn eine große Zahl von Menschen sich davon angeregt fühlten und selbst eine solche Freiheit und klare Haltung entwickeln würden, wie er sie lebt? Wären die Mächtigen der Kirchen damit einverstanden, wenn sogar die Spiritualität zu einer Sache jedes einzelnen Individuums werden würde und nicht mehr ausschließliches Privileg streng hierarchischer religiöser Systeme bleiben würde, in denen der Bürger am untersten Ende der Skala steht?
Spiritualität sieht Heinz Grill als eine geistige Fähigkeit im einzelnen Menschen, die jeder entwickeln kann und die sich bis in das soziale Leben hinein in all seinen Handlungen ganz praktisch und förderlich ausdrückt. Es wurden durch ihn bisher diverse Lebensgebiete im Sinne einer spirituellen und sozialen Erweiterung durchgestaltet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies können folgende ausgewählte Beispiele illustrieren.
Leicht und sicher
Heinz Grill wurde bereits in seiner Jugend als ein außergewöhnlicher Kletterer international wahrgenommen und für Wettkämpfe und Buchprojekte angefragt. Dies vor allem weil er einer der ersten Alpinisten war, der ohne Seilpartner und Sicherung in den steilen Bergwänden der Alpen sich bewegte. Er hatte etwa 150 große klassische Kletterrouten im Alleingang frei am Fels bestiegen. Es ging ihm dabei nicht um Selbstbestätigung und Berühmtheit, sondern um ein mehr philosophisch-spirituelles Ideal, wonach der Mensch mehr in Beziehung zu seiner Umgebung oder zum Berg findet, wenn er „leicht“ bleibt. Er bemerkte, wie zu viele materielle Hilfsmittel den Menschen unnötig beladen und ein kiloschwerer Rucksack den Kletterer sogar vom Berg abschirmt, anstatt ihn in einem geschmeidiges Bewegungsspiel am Felsen zu fördern. Er konnte direkt feststellen, wie das wachsende Sicherheitsdenken die Ängstlichkeiten geradezu steigert und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schwinden lässt. In der lebendig-leichten Bewegung am Felsen und seiner Beziehung zum Berg erlebte Heinz Grill hingegen die größte Sicherheit.
Er beobachtete wie die technische Entwicklung langsam das gesamte alpine Klettern veränderte und anstelle des respektvollen Blickes in die Wände der eindrucksvollen Bergriesen das Streben nach persönlichen Leistungen und höchsten Schwierigkeitsgraden ein Erleben des Berges selbst überfremdete. Ausgehend von seinem Ideal einer empfindsame Bewegung eröffnete Heinz Grill in Italien in den vergangenen 15 Jahren etwa 160 neue Kletterrouten im Sarcatal und in den Dololmiten, die durch ihre Linienführung, harmonische Hakensetzung und Säuberung der Routen den Bewegungsfluss, die Sicherheit am Fels und die beziehungvolle Wahrnehmung des Kletterers zum Berg fördern. Tausende von Arbeitsstunden auch bei widrigen Wetterbedingungen waren hierfür notwendig, um diese Routen einzurichten. Mutig klettert er dabei als Vorsteiger in eine Bergwand oder einen Wandabschnitt, an dem vor ihm noch nie ein Mensch gewesen ist und deshalb auch keinerlei Sicherungshaken vorzufinden sind. Durch Gestrüpp, über brüchige Felspassagen oder steile Risse, manchmal Zentimeter für Zentimeter, bahnt er sich dabei den Weg hinauf bis zum entfernten Gipfel. Für diese Arbeiten musste er jedoch auf die Leichtigkeit verzichten und kiloschweres Hakenmaterial, Hammer, Seile und sonstige Hilfsmittel mitschleppen, um die Route für andere Kletterer sinnvoll abzusichern. Meist dauert es mehrere Tag, bis eine Kletterroute angelegt ist und für die Wiederholer so gestaltet ist, dass diese eine gesunde Herausforderung erleben, in einen rhythmisch-sicheren Kletterfluss finden, der sie regenerieren lässt und sogar auf das Miteinander in der Seilschaft harmonisierend wirkt. Diese vielen Stunden an unermüdlichem und wagnisreichem Einsatz für das Ideal des rhythmisch-leichten Kletterns erfolgte ohne jede finanzielle Entlohnung. Die Felswände um das kleine Städtchen Arco blühten durch die von Heinz Grill in Zusammenarbeit mit anderen teilweise namhaften Kletterern Norditaliens geschaffenen alpinen Klettereien zu einem europäischen Kletterzentrum mit großer Anziehungskraft auf. Die gesamte Region erfuhr durch seinen Einsatz einen nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung. Viele Alpinisten wie auch ortsansässige Personen begegnen ihm mit wohlwollender Wertschätzung, er erhielt Preise für die Schönheit der von ihm angelegten Kletterrouten und für die gute Zusammenarbeit. Der CAAI (Club Alpino Accademico Italiano, in den nur die besten Kletterer Aufnahme finden) trug ihm die Mitgliedschaft an und nahm ihn wegen seiner zukunftsweisenden integrativen Leistung für den Bergsport auf.
Lichte Wohnräume
Das Ideal harmonisch-bewegter lichter Formen, welche regenerierend und ausgleichend auf das seelische Empfinden des Menschen und damit heilsam auf den gesamten Organismus wirken, führte Heinz Grill auch in der Baukunst in eine Synthese mit der konkreten Welt des täglichen Lebens. Als spirituelle Gedanken legte er beispielsweise die Erkenntnis zugrunde, dass geometrische Formen, welche in einem mathematischen Zusammenhang stehen, über die Sinne auf das Erleben des Menschen wirken, ihn innerlich harmonisieren und in seinen Lebenskräften anregen können. Der goldene Schnitt zählt zu solchen einer kosmischen Logik und Gesetzmäßigkeit unterliegenden Erscheinungen oder auch die platonischen Körper. In einer sieben Jahre andauernden Arbeit konnte unter anderem ein 300 Jahre alter italienischer Palazzo vom Keller über zwei Stockwerke bis unter das Dach in handwerklicher Arbeit entsprechend seinen Anregungen und Vorschlägen völlig neu durchgestaltet werden. Eine intensive ausdauernde gedankliche Arbeit des Planens und Vorstellens war notwendig, bis sich in den dunklen Räumen mit ihren massiven Steinmauern, in denen eine düstere Schwere lastete, die zugrunde gelegten Ideale ausdrückten und ein von Licht durchfluteter und die Sinne belebender, Künstlerischer Ort wurde. Einen kleinen Eindruck vermittelt eine Führung durch die Räume mit ihren reichhaltigen Gestaltungselementen. Viele Ideen und Bezüge zwischen Baukunst und Menschsein sind in dem Buch von Heinz Grill, „Die Idee der Synthese von Spiritualität und Baukunst“ dargelegt.
Die Schönheit der Bewegung
Am umfassendsten und detailliertesten wurde von Heinz Grill in 40-jähriger Forschungsarbeit eine künstlerisch-ästhetische Yogaübungsweise entwickelt, bei der der seelische Ausdruck in den Yogastellungen ein signifikantes Merkmal ist. Die verschiedenen Seelenqualitäten und deren Beziehung zum sozialen Leben wurden von ihm in verschiedenen Büchern sehr ausführlich beschrieben. Anhand der Darstellungen kann jeder Übende auf differenziert und konkrete Weise den Körper mit seiner Anatomie und Physiologie studieren und das dynamisch-leichte Bewegungsspiel erlernen. Leichtigkeit und Dynamik zugleich verleihen den Übungen einen sehr harmonischen und ästhetischen Ausdruck, den Heinz Grill in vielen Yogastellungen anschaulich demonstriert. Vor allem der lichte und „raumschaffende“ Ausdruck kennzeichnet die von ihm praktizierten Übungen. (vollständiger Drehsitz, Heuschrecke, Sonnengebet)
Das besondere an dieser Übungsweise ist, dass die Übungen nicht durch reines Körpertraining entwickelt werden. Die gedankliche Auseinandersetzung und Vorstellungsbildung zu den verschiedenen Bewegungsformen bildet den Anfang. Ganz neue Impulse kommen über die beschriebenen seelischen und geistigen Bilder an den Übenden heran und er lernt neue Empfindungen kennen, die einen körperfreieren Zugang zu den Bewegungen eröffnen. In diesem Sinne wird das Yogaüben zu einem mehr künstlerischen Gestalten mit dem Körper und zum seelischen Ausdrucksmittel für den Praktizierenden. Heinz Grill benannte diese Form des Yoga als „neuen Yogawillen“. Sowohl das Denken, wie das empfindsame Erleben als auch der tatkräftige Wille in der Bewegung werden als die sogenannten individuellen Bewusstseinskräfte eines jeden Menschen gleichermaßen angeregt und entwickelt. Von einem geistigen Gedanken ausgehend über die seelische Empfindung führt der Weg in die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung im Körper und im Leben.
Spiritualität im alltäglichen Leben
Dieser Weg, ausgehend von einem spirituellen Gedanken, der durch den einzelnen Menschen bis in die irdisch sichtbare Form gebracht wird, bedeutet für Heinz Grill individuelle Spiritualität. Er nennt dies auch Sozialfähigkeit, wenn ein geistiges Ideal durch das Individuum so lange bearbeitet wird, bis es durch den Einzelnen in aufbauender und förderlicher Weise zu den Mitmenschen und in die Umgebung wirkt. Praktische Beispiele für die Ausgestaltung bis in die sichtbare irdische Form sind nicht nur die Yogaübungen, sondern auch die bereits beschriebenen Kletterrouten oder die architektonischen Formen, die jeder Interessierte in seinen persönlichen Wohnverhältnissen umsetzen kann oder die in Büros, Betrieben und öffentlichen Gebäuden ein gesundheitsförderliches Klima erzeugen würden. Die Verbindung von spirituellen Gedanken mit dem irdischen Leben vollzieht sich innerhalb des einzelnen Individuums und nicht in äußeren Methoden, Ritualen, Yogastunden oder speziellen Gruppenbildungen und kann deshalb in allen Lebensbereichen erfolgen, in denen Menschen sich bewegen.
Spiritualität ist für Heinz Grill eine individuelle und eigenverantwortliche Angelegenheit eines jeden einzelnen Menschen direkt in seinem täglichen Lebens- und Berufsumfeld. Er sieht Spiritualität fern von Yoga-Ashrams, Klöstern, Yogaschulen oder -zentren, konfessionellen Zugehörigkeiten, Kirchen, Moscheen oder sonstigen religiös-spirituellen Gruppierungen, alleine als eine Fähigkeit des einzelnen Menschen selbst. Er hat sie als konkreten Schulungsweg auch für den Bereich der Pädagogik in mehreren Büchern dargestellt, sowie für den Bereich der Medizin und Therapie und mit dem Buch: „Ernährung und die gebende Kraft des Menschen“ für das weite Gebiet der Ernährung herausgearbeitet. Über diese praktische Umsetzung wurde von ihm ein Lebenswerk geschaffen, dass mehr als 120 Bücher und Publikationen umfasst, welche teilweise in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Ideal der Begegnung
Von dem umfassenden Lebenswerk von Heinz Grill, das von mir an dieser Stelle nur kurz und bruchstückhaft skizziert wird, ist in der aktuellen Medienberichterstattung nichts zu finden. Vollständig unterschlagen, ja sogar in das Gegenteil verkehrt wurde in der Medienberichterstattung auch das von Heinz Grill neu begründete Verhältnis zwischen Lehrendem und Lernenden, das er mit dem Begriff „Sozialer Prozess“ bezeichnet. In zahllosen Publikationen und Vorträgen beschreibt er das traditionelle Guru-Schüler-Verhältnis als nicht zeitgemäß für eine individuelle Spiritualität, da es per se den Schüler in einer unreiferen Stellung gegenüber dem Lehrer abbildet und in diesem Verhältnis festhält. Die individuelle Spiritualität benötigt eine gleichberechtigte Form der lehrend-lernenden Begegnung zwischen Menschen ohne autoritatives Ungleichgewicht. Die besten Fortschritte in einer individuellen spirituellen Entwicklung können in einer freien Beziehungsebene auf gleicher Augenhöhe und basierend auf objektiv nachvollziehbarer Fachkunde eintreten. Jegliches unangebrachte menschliche Unter- oder Überordnen würde dies bereits von Beginn an untergraben.
Das Verschweigen dieses beachtlichen und nicht zu leugnenden Lebenswerkes von Heinz Grill, das ohne seine Person nicht denkbar ist, offenbart die Absichten der Berichterstatter in den Medien. Hätten sie ein ehrliches Interesse, der Öffentlichkeit und damit dem einzelnen Leser mit sachlich richtigen Informationen eine ausreichende Basis für eine eigene und individuelle Meinungsbildung zu eröffnen, hätten sie das umfassende Lebenswerk niemals verheimlicht. Indem das gesamte Lebenswerk von Heinz Grill verschwiegen wird, wird nicht nur Heinz Grill in seiner Integrität reduziert und beträchtlich geschädigt, sondern auch der Leser, da ihm durch die bewusste Vorenthaltung die Freiheit einer eigenen unbeeinflussten Urteilsfähigkeit und Meinungsbildung, als Teil eines integren Selbstbewusstseins, abgesprochen wird.
Pdf des Artikels Heinz Grill – Lebenswerk