Das Denken ausgehend von einer Grundidee

Inhalte aus der Yogalehrerfortbildung vom 9.-11.7.2021, Referent: Heinz Grill

Der Gedanke wird aus sich selbst schöpferisch“ (Heinz Grill)


1. Die längere Konzentration auf die Grundidee

Das Denken, über das Heinz Grill in dieser Fortbildung referierte, ist ein künstlerisches, kreatives, schaffendes Denken, das immer in einer Grundidee beginnt.

Diese Form des Denkens ist unabhängig von bisherigem Wissen, Erfahrungen und alten Gedankengängen. Man denkt nicht in den persönlichen Denkmustern, sondern ausgehend von einer Grundidee. Diese Grundidee nimmt man längere Zeit in eine Konzentration. Man nimmt einen Gedanken in die Aufmerksamkeit und bleibt bei diesem Gedanken. Als Beispiel wählte Heinz Grill den Gedanken zu der Kopf-Knie-Stellung (pascimottanasana) das: „aktive Hinwenden zur Materie/zu einer Sache.“ Diese Aussage hält man für längere Zeit in der Konzentration und betrachtet sie. Es entsteht durch das konzentrierte Anschauen ein Bild, eine lebendige Vorstellung.

Wir müssen unterscheiden zwischen Intellektualismus und gedanklicher Seinssubstanz

Heinz Grill

Das längere Denken einer Idee macht man in der Regel nicht. Normalerweise wird das Denken mehr von Erinnerungen, Assoziationen, Wissensfragmenten, Gefühlen und Wünschen geleitet, was in automatischen Assoziationsketten geschieht. Dieses Denken ist jedoch nicht gemeint. Man wendet sich einer Grundidee hin und hält diese längere Zeit in der Konzentration. Es geht dabei nicht um Wissen, sondern um das Platzieren und Halten des Gedanken. Wenn man einen Gedanken längere Zeit in der Aufmerksamkeit oder Konzentration hält, und die Betonung beim schöpferischen Denken ist auf: „längere Zeit“, dann wird der Gedanke schöpferisch.

Dieses zu tun, bedeutet auch Askese, denn man hält einen Gedanken aufrecht, der einem im Moment keine Nützlichkeit bringt. Man hält ihn solange schöpferisch aufrecht, bis der Gedanke lebendig wird und bei einem lebt. Dieser Prozess ist selbststärkend.

Der Gedanke wird aus sich selbst schöpferisch.

Heinz Grill

2. Das Weiterdenken ausgehend von der Grundidee

Darauf folgt der nächste Schritt: Aus dem Gedanken kann sich die Idee nun weiter entschlüsseln. Man denkt nun gewissermaßen aus der Grundidee selbst und entwickelt aus ihr alle weiteren Gedanken neu. Man entwickelt aus der Idee des „aktiven Hinwendens zur Materie“ den Gedanken weiter. Wie ist ausgehend von diesem Gedanken der gesundheitliche Wert, die Ästhetik, die Synthese mit dem Leben, die Pädagogik zu denken?

An dieser Stelle ist ein wichtiger Lernschritt, dass es nicht darum geht, zu wiederholen, was man bereits weiß. Obwohl man vielleicht schon etwas weiß, kehrt man zur Grundidee zurück. Man entwickelt den Gedanken selbst ausgehend von der Grundidee weiter. Man achtet darauf, nicht auf altes Wissen zurückzugreifen.

Wir dürfen dafür nicht zurückgreifen auf das Wissen, was wir haben, sondern das Wissen gewissermaßen neu beleben mit diesem Gedanken.“ (Heinz Grill)

Folgende Denkaufgabe wurde bearbeitet:

Arbeiten Sie den gesundheitlichen Wert, die Ästhetik, die Pädagogik ausgehend von der Grundidee des „aktiven Hinwendens zur Materie/Sache“ heraus.

Eine Teilnehmerin denkt beispielsweise diesen Gedanken in Bezug zur Gesundheit so weiter: „Wenn man sich aktiv einer Sache hinwendet, sich bewusst hinwendet und diese bewusst durchdringt, dann kann man das Wahrgenommene eingliedern und integrieren. Es wird Teil von einem selbst. Hingegen in der Passivität nimmt man viele Sinneseindrücke unbewusst auf, man kann diese nicht einordnen und es entsteht eine innerliche Unordnung und Unruhe.“

Wenn der Mensch nicht aktiv zur Sache kommen kann, dann wird er schwächer. Er braucht das Gefühl der Selbstwirksamkeit, das entsteht, wenn man sich aktiv einer Sache hinwendet. Er braucht das Gefühl, dass er selbst etwas tun kann.“ Mit diesen Worten beschreibt Heinz Grill den Gedanken weiter.

Wenn man sich einer Sache aktiv hinwendet, gezielt hinwendet, wendet man sich zielgerichtet, zentriert nach außen. Die Kopf-Knie-Stellung drückt eine solche zielgerichtete Bewegung aus. Die Wirbelsäule strebt exakt und zentriert nach vorne. Indem man die Wirbelsäule in der Kopf-Knie-Stellung gut vor allem in ihrer Mittelregion zentriert, kann sie besonders stark nach vorne hinausstreben.“

… ausgehend von diesem Prinzip kann man in jede Richtung einen Gedanken weiterentwickeln …

Wesentlicher Lernschritt

Wichtig beim schöpferischen Denken ist, dass der Grundgedanke nicht verändert wird. Darauf ist zu achten und man muss es bei sich selbst bemerken lernen. Der häufigste Fehler ist, dass man sich nicht lange genug in der Konzentration aufhält. Man verändert die Grundidee zu schnell. Das Durchhalten des Gedankens ist wesentlich, es ist eine Konzentrationsfrage. Das Durchhalten des Gedankens ist wesentlich dafür, dass ein rundes Ergebnis erzeugt wird, dass der Gedanke sich ausdrückt. Wenn man den Gedanken länger denken lernt, gibt er Kraft. Der Gedanke wird dann lebendig, er lebt dann im Ätherischen.

Lernfragen